Ist das jetzt schon der Crash?

Nachdem heutigen Blutbad sind die Börsen weltweit jetzt auch offiziell im „Bärenmarkt“ angekommen, was per Definition ein Rückgang von mehr als zwanzig Prozent vom Höchststand bedeutet. War das jetzt schon der Crash? Oder steht uns das schlimmste noch bevor?

Zu viele Optimisten

Wenn ich als Referenz die beiden anderen großen Börsencrashs heranziehe, die ich selber erlebt habe – die DotCom-Krise um die Jahrtausendwende und die Finanzkrise 2008 – sind wir noch ganz am Anfang der Crashphase. Und zwar gar nicht mal aufgrund der drohenden Corona-Effekte auf die Realwirtschaft. Sondern schlicht, weil immer noch viel zu viele Anleger auf den Wiedereinstieg warten, damit die Kursrally der letzten Jahre weitergehen kann.

Als der Dow Jones am Montag um über 2.000 Punkte abstürzte, rief das am nächsten Tag sofort die Schnäppchenjäger auf den Plan, die den Index direkt wieder um 1.200 Punkte in die Höhe schießen ließen. Niemand will im Moment die Kaufgelegenheiten verpassen, die sich scheinbar bieten. Es würde mich nicht wundern, wenn nach dem heutigen Mini-Crash auch erstmal wieder eine heftige Gegenreaktion erfolgt.

Salamitaktik

Das war in früheren Crashphasen auch so: Es geht nicht in einem Rutsch runter, sondern zwischendurch immer wieder rasant bergauf, weil vermeintliche Kaufgelegenheiten locken, und niemand die Trendwende nach oben verpassen will. Und wenn es dann ein paar Tage später doch wieder weiter runtergeht, kommen die nächsten Käufer, die sich billig eindecken wollen.

Der Tiefpunkt ist erst dann erreicht, wenn es einen regelrechten Käuferstreik gibt, weil sich alle mehrfach die Finger beim zu frühen Wiedereinstieg verbrannt haben. Die Stimmung muss schon komplett im Keller sein, bevor es dann wieder wirklich nachhaltig aufwärts gehen kann. Davon sind wir aber noch weit entfernt.

Das merke ich auch an mir selber: Mir juckt es bei Kursständen von 9 Euro für eine Lufthansa-Aktie schon wieder in den Fingern. Obwohl klar ist, dass 2020 für Airlines rabenschwarzes Jahr wird, und die Coronapanik für viele Unternehmen in der Touristikbranche existenzbedrohend wird.

Auch mit Blick auf die historischen Kennzahlen sind wir von niedrigen Bewertungsständen noch meilenweit entfernt. Zumindest die US-Werte sind immer noch auf schwindelerregendem Niveau. Eine Microsoft, die in den letzten Tagen um ein Viertel eingebrochen ist, steht auf Jahressicht immer noch um über ein Drittel im Plus. Und das Kurs/Gewinnverhältnis ist mit über 27 auch nicht gerade als Schnäppchen zu bezeichnen. Gleiches Bild bei Schwergewicht Apple: Auf Jahressicht ist die Aktie immer noch fünfzig Prozent im Plus, das KGV liegt auch noch bei über 20. Und diese Kurs/Gewinnverhältnisse haben den Einbruch der Firmengewinne, den wir in den nächsten Monaten coronabedingt sehen werden, noch gar nicht eingerechnet.

Bärenjahre

Es ist also noch einiges an Luft in den Kursen. Ob es noch weitere 20, 30 oder 50 Prozent runtergeht, kann niemand vorhersagen. Und den Tiefpunkt zum Einstieg zu erwischen, ist eh unrealistisch. Daher halte ich es für durchaus ok, schon jetzt langsam wieder in den Markt einzusteigen, wenn man langfristig investiert bleiben will. Aber nur in kleinen Schritten, denn die Kaufgelegenheiten von heute können die Mondpreise von morgen sein. Und so ein Bärenmarkt kann sich, genau wie die zurückliegende neunjährige Hausse, auch mal über Jahre hinziehen.

Update: Der perfekte ETF auf europäische Aktien

Der Ursprungsartikel zu Indexfonds auf europäische Aktien ist mittlerweile fast fünf Jahre alt. Der damals zum Favoriten erkorene iShares Stoxx Europe 600 ist mittlerweile das Schwergewicht in meinem Depot. Daher ist es an der Zeit mal zu prüfen, ob es mittlerweile nicht noch attraktivere Angebote auf dem Markt gibt.

A New Hope

Zwischenzeitlich hat ETF-Anbieter Vanguard den Markt ziemlich aufgemischt und die ohnehin schon recht günstigen ETF-Konditionen auf breiter Front ins Rutschen gebracht. Für die Asia/Pacific-Region habe ich mich schon für das Vanguard Produkt entschieden. Schauen wir mal, ob Vanguard auch bei Europa-Fonds das Zepter übernehmen kann.

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Aktuelle Dividendenrenditen von Indexfonds – Jahresendedition

Zum Jahreswechsel ein kalenderjährlicher Blick auf die Dividendenrenditen von Vanguard Indexfonds. Die Idee ist, auf Basis der zurückliegenden Ausschüttungen eine ungefähre Vorstellung davon zu haben, wie mein Geld bei der Anlage in einen dieser Indexfonds verzinst wird. Dividenden sind zwar keinen Zinsen, daher gibt es auch keinen Anspruch darauf, dass die Ausschüttungen in Zukunft so hoch bleiben. Da es aber keine sinnvolle Alternative zur Rückwärtsbetrachtung gibt, akzeptieren wir die historischen Ausschüttungen zähneknirschend als einzige Möglichkeit, auf eine Vergleichswert zu kommen.

Die Berechnungsgrundlage hatte ich hier im Detail erläutert – zur Erinnerung:

  • Alle Ausschüttungen der letzten 12 Monate, gerechnet ab heute, werden addiert
  • Die addierten Ausschüttungen ergeben im Verhältnis zum aktuellen Kurs des ETF die prozentuale Rendite
  • Gewertet wird das Ex-Dividend Date, nicht der meist spätere Zeitpunkt der Auszahlung
  • Ausschüttungsbeträge sind direkt von den Anbieter-Websites übernommen
  • In Dollar aufgeführte Ausschüttungen werden zum historischen Kurs in Euro umgerechnet.

Die ausgewerteten Vanguard Fonds habe ich auf Leserwunsch noch etwas erweitert. Zusätzlich zu Vanguard sind der beliebte iShares Stoxx Europe 600 sowie der DWS xTrackers Euro Stoxx 50 mit aufgenommen, aus dem banalen Grund weil ich in beide investiert bin.

Zum Jahreswechsel lässt sich die Entwicklung der Performance von 2018 auf 2019 gut vergleichen. Schauen wir also mal auf die Ergebnisse zum Stichtag 31. Dezember 2019:

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2019 – der Jahresrückblick

Den letzten Rückblick gab’s hier 2017, wird also mal wieder Zeit für eine neue Rückschau auf die letzten zwölf Monate Teilzeitinvestieren.

Auch 2019 habe ich auf den großen Crash gewartet, der endlich vernünftige Kaufkurse bringen sollte. Das mache ich jetzt schon seit vielen Jahren, ohne das was passiert. Nuja, wenn man dem aktuellen Bestseller glauben darf, kommt die Mutter aller Börsencrashs jetzt aber ganz bestimmt bis spätestens 2023. Bis dahin werde ich wohl weiter den steigenden Kursen hinterherschauen und im wesentlichen nur meinen Sparplan besparen. Aber der Reihe nach:

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Aktuelle Dividendenrenditen von Vanguard Indexfonds

Ich hatte ja schon vor Jahren festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist, die Dividendenrendite eines ETF zu ermitteln. Was schade ist, denn für uns passive Investoren sind Dividenden ja der neue Zins, und daher ein wichtiges Kriterium für die Geldanlage.

Mittlerweile hat sich die Situation ein wenig gebessert: Anbieter wie Vanguard listen nicht nur die konkreten Ausschüttungszahlungen ihrer Fonds auf der Homepage, sondern auch die daraus errechnete prozentuale Rendite. Bei Vanguard heisst das dann z.B. „historisch Rendite per Schlusskurs“, bei iShares schlicht „Ausschüttungsrendite“. Bei JustETF ist die Dividendenrendite immer noch ein kostenpflichtiges Premium-Extra. Dafür gibt es auf ExtraETF.com diesen Wert auch kostenlos.

Was (mir) nach wie vor aber nicht so ganz transparent ist, ist die Frage, wie diese Rendite jeweils berechnet wird. Das ist gar nicht mal so trivial, da die Ausschüttungen nicht immer regelmäßig erfolgen, teilweise erfolgen sie in Dollar und müssen umgerechnet werden, und der Bezugszeitraum ist unklar.

Jetzt helfe ich mir selbst

Hilft also nix, eine Excel-Tabelle muss her, um das ganze selber nachzurechnen. Die Frage die ich beantworten will lautet:

„Wenn ich heute Indexfonds X kaufe zum Preis von Y, wieviel Prozent Dividendenrendite kann ich erwarten auf Basis der vergangenen Performance“

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Kauf: Walgreens Boots Alliance

Wertpapier Kauf

Nachdem die Achterbahnfahrt mit meinem letzten Aktienkauf CVS Health munter weitergeht, hab ich mir jetzt mal ein anderes fallendes Messer ausgesucht, um beherzt reinzugreifen: CVS Konkurrent Walgreens Boots Alliance habe ich schon länger auf der Watchlist. Nach dem gestrigen allgemeinen Kurseinbruch hab ich jetzt endlich mal zum vermeintlichen Schnäppchenpreis zugegriffen.

Walgreens ist wie CVS eine der großen US-amerikanischen Drogerie- und Apothekenketten. Eine Filiale der beiden findet man in den USA an jeder Straßenkreuzung, und neben Aspirin und Voltaren bekommt man dort auch Cola, Eiscreme oder Cornflakes, die beiden Ketten erfüllen in vielen Gegenden auch gleichzeitig die Funktion eines Tante-Emma-Ladens Nahversorgers.

CVS hat sein Geschäftsmodell in den letzten Jahren allerdings stark ausgeweitet, die Drogeriemärkte sind nur noch ein Standbein, mittlerweile strebt man eine vertikale Integration an, vom Krankenversicherer über Wohnheimbetreiber bis zum Dialyseanbieter. Walgreens ist da eher konservativ unterwegs, das Kerngeschäft sind nach wie vor die Fillialen. Anders als CVS ist Walgreens aber nicht nur in den USA tätig, sondern hat unter der Marke Boots auch international hunderte von Filialen, vor allem in UK und China. Das UK Geschäft macht aber nur einen kleinen Teil des Umsatzes aus, so dass das bevorstehende Brexit-Chaos Walgreens zwar nicht kalt lassen wird, aber das Kerngeschäft nicht existenziell bedroht.

Heute ein König

Dieses Geschäft läuft seit Jahrzehnten sehr profitabel, weshalb man auch bereits seit über 40 Jahren jährlich die Dividende erhöht hat. Walgreens ist damit ein sogenannter Dividendenaristokrat, und sogar kurz vor der Schwelle, in den erlauchten Kreis der Dividenenkönige aufgenommen zu werden. Die Dividendenrendite liegt (nicht zuletzt durch den zurückgegangenen Kurs) mittlerweile bei über drei Prozent. Da Walgreens weniger als ein Drittel des Gewinns ausschüttet, ist für eine kontinuierliche Dividendenzahlung und -erhöhung auch bei stagnierendem Wachstum genug Luft.

Aber warum sieht der Kurschart von Walgreens so katastrophal aus? Während es bei CVS sehr handfeste Gründe für den momentanen Absturz gibt – man musste viel Geld auf die Akquisiton des Wohnheimbetreibers Omincare abschreiben, und die jüngste Übernahme des Versicherers Aetna birgt auch nicht ganz unwesentliche Riskiken – ist der Kursrückgang bei Walgreens nicht ganz so nachvollziehbar. Das Geschäft läuft eigentlich rund. Das zweite Quartal in diesem Jahr war zwar durchwachsen (und führte zu einem fast dreizehnprozentigen Kurssturz), das darauf folgende Q3 übertraf aber die Erwartungen der Analysten in bezug auf Umsatz und Gewinn.

Gibts da auch was von Ratiopharm Amazon?

Allerdings ist der „Elephant in the Room“ bei beiden Firmen der Markteintritt von Amazon. Der E-Commerce-Gigant drängt mit Macht ins Healthcare-Geschäft: Amazon hat vor einiger Zeit den Pillenversender PillPack übernommen, und gemeinsam mit Berkshire Hathaway das Gesundheits-Startup „Haven“ gegründet. Bislang hat das noch keine relevanten Auswirkungen auf das Geschäft von CVS und Walgreens, aber Pessimisten befürchten, dass Amazon hier ähnlich wüten wird wie im Buchhandel, und alle bestehenden Anbieter vom Markt fegen wird. Ich sehe da durchaus auch eine Gefahr, aber ganz so einfach wie Bücher verkaufen ist das Pharma-Retailgeschäft nicht, hier gibt es schon so einige Hürden in bezug auf Compliance und Regulierung zu überwinden, und sowohl CVS als auch Walgreens haben durchaus ein paar Trümpfe in der Hand.

Das große Ganze

Mindestens ebenso wichtig für den Kurs von Walgreens ist aber die Entwicklung des Gesamtmarktes. Ich habe seit über eineinhalb Jahren keine neuen Aktien mehr gekauft (vom ETF-Sparplan mal abgesehen), weil mir die Bewertungen, vor allem in den USA, insgesamt viel zu heiß gelaufen sind, und ein größerer marktbreiter Einbruch der Aktienkurse einfach irgendwann kommen muss. Vor allem wo sich dank drohendem No-Deal-Brexit, Trumps schwelendem Handelskrieg mit China und der EU und der Krise am Golf die weltwirtschaftliche Situation immer mehr vedüstert.

Dass ich jetzt doch bei Walgreens zugegriffen habe liegt v.a. daran, dass Walgreens bereits seinen Crash hinter sich hatte. Der Kurs hat sich seit den Höchstständen von 2015 fast halbiert und ist, gemessen an KGV und anderen Bewertungsgrößen auf historisch eher niedrigem Niveau angelangt. Was leider keine Garantie gegen einen weiteren Absturz ist, denn wenn der Markt erstmal ins Rutschen gerät, bleibt erfahrungsgemäß kaum ein Unternehmen verschont. Meine Hoffnung ist, dass in diesem Fall zumindest die Dividende stabil bleibt, so wie es Walgreens in der letzten Finanzkrise geschafft hat.

Das Dividenden-Füllhorn von Rio Tinto

Rio Tinto gehört zu den größten Dividendenzahlern in meinem Portfolio. Allerdings zeigt das Unternehmen auch, wie risikoreich das Investieren in Hochdividendentitel sein kann.

Als ich 2015 die ersten Anteile gekauft habe, lag die Dividendenrendite bei über fünf Prozent, und das Unternehmen versprach, weiterhin eine „progressive dividend policy“ zu verfolgen, also die Dividenden  kontinuierlich zu erhöhen. Das klang zu gut, um wahr zu sein. Und leider war es das auch. Nach einem katastrophalen Jahr hatte Rio Tinto 2016 die Dividende drastisch gekürzt und sich von dem Versprechen einer kontinuierlichen Erhöhung verabschiedet. Der Kurs hatte sich in der Zwischenzeit fast halbiert.

Glücklicherweise hab ich damals nicht das Handtuch geworfen, sondern im Gegenteil nochmal nachgekauft, da ich vom fundamentalen Wert des Unternehmens weiterhin überzeugt war. Und siehe da, nicht nur der Kurs hat sich wieder deutlich erholt, auch die Dividende ist kräftig gestiegen. Dieses Jahr gibt es neben der „üblichen“ Dividende noch eine Sonderzahlung an die Aktionäre durch den Verkauf einiger Minen. Was insgesamt zu sagenhaften 12 Prozent Ausschüttungsrendite auf meinen Einstandspreis führt. Allerdings vor Steuern, nach Steuern sind es 9 Prozent. Und gerechnet auf den heutigen, deutlich höheren Aktienkurs liegt die Ausschüttung bei immer noch respektablen 6,9 Prozent.

Linke Tasche rechte Tasche

Nun ist die Ausschüttung von Gewinnen, und insbesondere die Ausschüttung durch den Verkauf von Firmenwerten eigentlich ein Nullsummenspiel: Der Aktionär erhält zwar Geld ausgezahlt, dafür ist der Wert des Unternehmens um genau diesen Betrag gesunken. Gerade die verkauften Minen werden zukünftig ja nicht mehr zum Gewinn des Unternehmens beitragen.

Und genau das ist auch passiert: Am ex dividend Tag Anfang März, also dem Stichtag für die Dividendenausschüttung, ist der Aktienkurs von Rio um über neun Prozent abgestürzt. Aber siehe da, keine sechs Wochen später hat der Kurs sich nicht nur erholt, sondern den Stand vor Dividendenabzug sogar deutlich überschritten. Linke Dividendentasche und rechte Unternehmenswerttasche beide prall gefüllt, so kann das gerne weitergehen.

Kursverlauf Rio Tinto plc