Indexfonds: Ausschütter oder Thesaurierer?

Eine der Kernfragen bei der Auswahl eines Indexfonds ist, was mit den Dividenden passiert, die die im Fonds enthaltenen Unternehmen regelmäßig auszahlen. Ausschüttende ETF überweisen die Dividenden jährlich oder auch quartalsweise den Anteilseignern, während thesaurierende Fonds die Dividenden direkt reinvestieren. Beides hat seine Vor- und Nachteile, und es hängt sehr stark von der persönlichen Situation ab, welche Form geeigneter ist.

Was bringt mehr?

Wenn man steuerliche Aspekte und Gebühren außer acht lässt, macht es keinen Unterschied, ob Dividenden ausgeschüttet oder thesauriert werden. Im ersten Fall wird dem Anleger regelmäßig die Dividende in bar überwiesen, im zweiten Fall steigt der Wert der eigenen ETF-Anlage um den gleichen Betrag.

Konkretes Beispiel: Anleger A besitzt 1.000 EUR Anteile eines ausschüttenden ETF auf den Euro Stoxx 50, Anleger B besitzt ebenfalls 1.000 EUR eines thesaurierenden Indexfonds. Die Euro Stoxx 50 Unternehmen schütten im Schnitt angenommene drei Prozent an Dividenden aus. Am Endes des Jahres sieht es für beide Anleger so aus:

Wert der ETF Anteile ausgezahlte Dividende gesamt
Anleger A 1.000 EUR 35 EUR 1.035 EUR
Anleger B 1.035 EUR  0 EUR 1.035 EUR

In Summe stehen sich beide Anleger also gleich da (Steuern mal außen vor gelassen), und wenn Anleger A die ausgezahlten Dividenden direkt wieder in ETF-Anteile investieren würde, hätte er denselben Effekt wie Anleger B mit seinem thesaurierenden Fonds, nur das er ggf. Steuern auf die ausgeschütteten Dividenden und Gebühren auf den Kauf neuer Anteile zahlen muss.

Und die Steuern?

Wer seinen Freibetrag noch nicht ausgeschöpft hat, für den sind ausschüttende Indexfonds die bessere Wahl, da man die ausgezahlten Dividenden steuerfrei kassiert. So können jedes Jahr bis zu 801 EUR ohne Abzüge an Dividenden eingenommen werden. Thesaurierende Fonds können, wenn sie swap-basiert sind, über die Swap-Konstruktion steuerpflichtige Erträge vermeiden, so dass die Steuern erst anfallen wenn man seine Anteile wieder verkauft. Das kann dazu führen, dass man den Ertrag mehrerer Jahre beim Verkauf auf einen Schlag versteuern muss und dann auf einmal über dem Freibetrag liegt. Wer seinen Freibetrag nicht ausschöpft und gleichzeitig Fonds hat die thesaurieren, verschenkt unterm Strich Geld.

Wenn man allerdings seinen Freibetrag schon ausgeschöpft hat, kann mit thesaurierenden Fonds vielleicht Steuern sparen. Da die Steuern bei einigen ETF Konstruktionen erst beim Verkauf der Anteile fällig werden, also ggf. erst in vielen Jahren, wirkt das ganze wie ein Steueraufschub. Finanziell macht es einen Unterschied, ob ich jedes Jahr Steuern zahle oder erst nach zehn Jahren die gesamte Steuersumme auf einen Schlag, da ich bis dahin die gestundeten Steuern ja wieder anlegen und Zinsen kassieren kann. Dieses Steuersparmodell ist allerdings eine Spekulation mit ungewissem Ausgang. Steuergesetze ändern sich, und ob man im Alter tatsächlich „nur“ die derzeitigen 25% Kapitalertragssteuer zahlen muss, oder die übernächste Regierung bis dahin den Steuersatz verdoppelt, kann heute niemand sicher sagen.

Ein spezielles Problem stellen thesaurierende Fonds dar, wenn sie nicht in Deutschland aufgelegt worden sind, sondern ein ausländisches Domizil haben – was leider bei den meisten ETF der Fall ist. In diesem Fall müssen die thesaurierten (also reinvestierten) Beträge bei der persönlichen Steuererklärung angegeben werden. Finanziell hat das keine negativen Auswirkungen im Vergleich zu Ausschüttern, macht aber im Zweifel mehr Arbeit.

Das Steuerthema ist nicht ganz trivial, aber wenn man sich Streß bei der Steuererklärung sparen will, sollte man thesaurierende Fonds mit ausländischem Domizil eher meiden.

Bargeld lacht

Wenn man vorhat, irgendwann einmal von seinen Zinseinkünften zu leben, sind ausschüttende Indexfonds sinnvoll: Man „lebt“ von den Dividenden, ohne das investierte Kapital anzufassen, und hat einen kontinuierlichen Zahlungsstrom auf seinem Konto (gerne auch als passives Einkommen bezeichnet). Diesen Zahlungsstrom kann man z.B. auch zum „Rebalancen“ nutzen, also zur zum Austarieren der Gewichtung des eigenen Wertpapier-Depots, wenn bestimmte Regionen oder Branchen besser gelaufen sind als andere und man wieder das ursprüngliche Gleichgewicht herstellen möchte. Prinzipiell könnte man einen kontinuierlichen Zahlungsstrom auch mit einem thesaurierenden ETF simulieren, indem man einfach stückweise seine Anteile – der Dividendenzahlung entsprechend – verkauft. Aber das ist mit Aufwand verbunden, viel schöner ist es doch, wenn das Geld sich einfach automatisch auf dem eigenen Girokonto materialisiert.

Und dann gibt es auch noch den – eher psychologischen Effekt – dass einem die ausgeschüttete Dividende niemand mehr nehmen kann, denn die liegt sicher auf dem eigenen Konto (sofern man sie nicht einfach verprasst). Im Gegensatz dazu kann sich die durch Dividenden angesammelte Wertsteigerung eines thesaurierenden Fonds plötzlich in Luft auflösen, wenn der Markt einfach mal um 50% einbricht und das eigene Aktiendepot auf einmal nur noch die Hälfte wert ist (was durchaus schon mal passiert). Das ist zwar betriebswirtschaftlich keine ganz saubere Argumentation, aber Geldanlage ist halt nicht nur reine Mathematik, sondern zum guten Teil auch Psychologie. Und in dieser Beziehung wirkt es durchaus auch motivierend, an den regelmäßig ausgezahlten Dividenden zu sehen, dass das angelegte Geld tatsächlich für einen arbeitet.

4 Gedanken zu „Indexfonds: Ausschütter oder Thesaurierer?“

  1. „Bei einem thesaurierenden Fonds fallen die Steuern erst an, wenn man seine Anteile wieder verkauft, was dazu führen kann dass man den Ertrag mehrerer Jahre auf einen Schlag versteuern muss und dann auf einmal über dem Freibetrag liegt.“

    Sorry, aber das stimmt so nicht. Der von Dir beschriebene Sachverhalt trifft nur zu, wenn es sich um einen Thesaurierer handelt, der zusätzlich per Swap die Erträge „weg-swaped“. Ansonsten sind die wiederangelegten Beträge in der Steuererklärung auszuweisen und müssen ggf. versteuert werden (sofern sie den Freibetrag von 801 Euro übersteigen).

    Gruß
    Dummerchen

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