Geld, Gold, ein sorgenfreies Leben* – Mein persönliches Sparziel

Ich bin nicht gerade ein Freund von „Blogparaden“, die in vielen Fällen nur ein schlichter Vorwand sind, Backlinks für das eigene Blog zu generieren. Der Finanzrocker hat allerdings zu einer Parade aufgerufen mit einer Fragestellung, die ich hier im Blog eh einmal etwas näher beleuchten wollte, nämlich: Was soll eigentlich das ganze Sparen und Anlegen, zu welchem Zweck sammelt man Geld auf Konten und Depots statt sich einfach ein schickes neues Auto zu kaufen oder first class in den nächsten Urlaub zu fliegen?

YOLO

Tatsächlich habe ich mir die Frage lange Zeit nicht gestellt. Ich habe gleich nach dem Studium einen ganz gut bezahlten Job bekommen, meinen Lebensstandard aber nicht gleich von Studi-Niveau auf Besserverdiener umgestellt. Was dazu führte, dass jeden Monat mehr Geld aufs Konto kam als ich ausgegeben habe. Mit der Zeit stieg natürlich auch bei mir der Lebensstandard: Größere Wohnung, neues Auto, schicke Urlaube. Aber gleichzeitig stieg auch das Gehalt, und obwohl ich nie ein Haushaltsbuch geführt habe blieb es immer dabei, dass unterm Strich am Monatsende ein paar Euro übrig blieben. Geholfen hat dabei, dass ich mir noch nie etwas auf Kredit gekauft habe. Meinen ersten (und bislang einzigen) Neuwagen habe ich mir erst gekauft, als ich ihn cash bezahlen konnte. Und auch bei anderen größeren Anschaffungen habe ich mir immer erstmal überlegt, ob ich das wirklich brauche, und statt des neuen iPhones für 600 Euro lieber ein solides Android-Handy gekauft, das weniger als die Hälfte kostet.

Wenn man jahrelang auch nur ein wenig unter seinen finanziellen Möglichkeiten lebt, sammelt sich ganz von alleine ein kleines Vermögen an, selbst wenn man wie ich davon einiges in windige Neuer Markt Aktien versenkt hat. Einziges diffuses Ziel bei dieser Sparaktion war, mir einen Sicherheitspuffer aufzubauen, von dem ich im schlimmsten Fall auch mal ein paar Monate ohne Job überbrücken könnte, und der mich ansonsten einfach ruhiger schlafen lässt.

Enter Mr. Money Mustache

2013 machte dann das Blog eines amerikanischen Frührentners Furore: Mr. Money Mustache hat es mit einer Mischung aus gutem Verdienst in jungen Jahren, Sparsamkeit und langfristiger Geldanlage geschafft, mit 30 seinen Job an den Nagel zu hängen und samt Familie nur noch von seinen Ersparnissen zu leben. Faszinierende Vorstellung: Finanzielle Unabhängigkeit, nie mehr arbeiten müssen bzw. nur noch dann, wenn ich es will. Nicht bis zur Rente den Großteil meiner Zeit im Büro verbringen zu müssen, und vor allem: die Freiheit zu haben, selbst über meine Zeit bestimmen zu können. Zeit als eigentlicher Luxus, viel mehr wert als Sportwagen und Rolex. Da war es dann auf einmal, mein Sparziel: finanzielle Unabhängigkeit, um selber über meine Lebenszeit verfügen zu können.

cars

Leider ist das in Deutschland nicht ganz so einfach umzusetzen. Es fängt damit an, dass man selbst als Gutverdiener kaum so hohe Sparraten realisieren kann wie in den USA, schlicht weil Steuern und Abgaben schon mal die Hälfte des Einkommens auffressen. Und hört damit auf, dass beim derzeitigen Zinsniveau ein Leben alleine von Zinsen praktisch unmöglich geworden ist, weil die Zinsen kaum noch die Inflation ausgleichen. Spiegel Online hat das ganze mal flugs nachgerechnet und kommt, je nach Rechenmodell, auf bis zu 1,6 Millionen Euro die man angeblich braucht, um ein (sehr moderates) Auskommen durch Zinsen und Dividenden zu haben. Hinzu kommt, dass ich zwar keinen wirklich ausschweifenden Lebensstil habe, aber die frugale Lebensweise einiger amerikanischer Financial Independence Apologeten mir dann doch etwas zu weit geht. Ein wenig komfortabler stelle ich mir den „Vorruhestand“ dann schon vor.

Downshifting

Wenn die vollständige finanzielle Unabhängigkeit nicht oder zumindest nicht in absehbarer Zeit zu erreichen ist, dann ist vielleicht ein Kompromiss die Lösung: Arbeitszeit signifikant reduzieren, und damit zumindest für einen substanziellen Teil seines Lebens Zeitsouveränität zu erreichen. Wenn man statt an fünf Tagen der Woche nur noch drei Tage ins Büro geht, ist das „Wochenende“ auf einmal länger als die Arbeitswoche. „Downshifting“ nennt sich sowas in Coaching-Neudeutsch, und ist angeblich seit einiger Zeit schwer angesagt. Daher – der aufmerksame Leser wird es sich bereits zusammengereimt haben – auch der Name dieses Blogs: Wenn das Idealziel, mich vollständig nur noch mit meinem Aktiendepot zu beschäftigen statt ins Büro zu gehen, nicht in greifbarer Nähe liegt, dann werde ich halt zumindest Teilzeitinvestor und gehe den Rest der Zeit noch einer „geregelten“ Beschäftigung nach.

Dass das ganze auf einmal viel realistischer wird als ein Totalausstieg aus dem Berufsleben, liegt alleine schon daran, dass Themen wie Kranken- und Sozialversicherung noch über den Job abgedeckt sind und nicht über Zinsen und Dividenden finanziert werden müssen. Und der Gehaltsverlust durch die Arbeitszeitreduzierung ist geringer als der Gewinn an Arbeitszeit: Bei geringerem Einkommen sind die Abzüge prozentual schlicht niedriger.

Allerdings sollte man sich nichts vormachen: In größeren Firmen ist ein Schritt von Voll- in Teilzeit zwar mittlerweile ganz gut möglich (und gesetzlich sogar festgeschrieben), aber der Weg zurück in die Vollzeit, wenn z.B. das Geld auf einmal doch nicht mehr reicht, ist nicht so einfach. Und die „Karriereperspektive“ ist nach einem solchen Schritt auch nur noch sehr begrenzt, d.h. große Gehaltssteigerungen sind in Zukunft nicht mehr zu erwarten.

Damit das ganze dauerhaft funktioniert, muss also passives Einkommen – in Form von Zinsen und Dividenden – den Gehaltseinschnitt ausgleichen. Nicht unbedingt vollständig, weil ja bislang schon mehr reinkommt als rausgeht. Aber zumindest so nachhaltig, dass ich auch in zehn Jahren nicht „an die Substanz“ gehen muss, sondern weiterhin komfortabel von den Erträgen leben kann. Ein Punkt den man auch nicht außer acht lassen sollte: Mit Reduzierung der Arbeitszeit und des Gehaltes sinkt natürlich auch der Rentenanspruch, d.h. das passive Einkommen muss dauerhaft einen substantiellen Beitrag leisten und später auch die staatliche Rente ergänzen.

gluecksspirale

Summe X

Was heißt das jetzt konkret: Wieviel Geld muss ich zusammensparen, um mein (Teil-)Ziel zu erreichen? So genau habe ich mir das noch nicht ausgerechnet, aber der erste Meilenstein ist, zumindest ein fünfstelliges Zins- und Dividendeneinkommen im Jahr – nach Steuern – zu realisieren. Das ist im jetzigen Zinsumfeld gar nicht so einfach. Die sieben Prozent Rendite (Dividenden plus Wertsteigerung), die man langfristig pro Jahr für ein diversifiziertes Aktiendepot pro Jahr annimmt, erscheinen mir im derzeitigen Marktumfeld viel zu hoch gegriffen. Und nach Steuern und Inflation sieht das ganze nochmal etwas nüchterner aus.

Hinzu kommt, dass ein Großteil meiner Anlagen bislang noch aus Tages- und Festgeld besteht, das heißt hier steht erstmal eine schrittweise Umschichtung in dividendenstarke Aktien und Indexfonds an, die hoffentlich dauerhaft besser rentieren. Das passiert allerdings derzeit eher verhalten: Denn auch wenn market timing nachweislich nicht funktioniert, ist ein Kaufen auf dem Allzeithoch (und da befinden wir uns mehr oder weniger noch immer) eine psychologische Herausforderung.

A propos Psychologie: Ob ich wirklich in absehbarer Zeit den Plan in die Tat umsetze, meine Arbeitzeit zu reduzieren, ist gar nicht mal so entscheidend. Der Witz beim Ziel „Finanzielle Unabhängigkeit“ ist, dass es reicht, die Option zu haben, eine solche Entscheidung selber treffen zu können, weil der eigene finanzielle Spielraum das erlaubt. So kann man beim vielzitierten Mr. Money Mustache erkennen, dass er durchaus noch arbeitet und mit Blog, Immobilien und Handwerksarbeiten vermutlich gar nicht so viel weniger verdient als vor seinem „Ruhestand“. Das entscheidende ist, dass er darauf nicht angewiesen ist, und das ist letztlich die Definition von finanzieller Unabhängigkeit, die mich fasziniert.

* für die jüngeren Leser: „Geld, Gold, ein sorgenfreies Leben“ war schon immer ein erstrebenswertes Ziel.

7 Gedanken zu „Geld, Gold, ein sorgenfreies Leben* – Mein persönliches Sparziel“

Schreibe einen Kommentar